Methylphenidat - Ein Vorschlag, das passende Medikament in der passenden Dosierung zu finden.

 

 

Wenn erstmals Methylphenidat (MPH) verordnet wird, sind die Erwartungen groß, der Erfolg bleibt mitunter weit hinter den Erwartungen zurück. Angelehnt an das übliche Vorgehen der verordnenden Ärzte werden hier die Stationen beschrieben von der ersten Einnahme bis zum passenden Medikament in der passenden Dosierung.

 

 

Erstens: Medikinet retard/adult

 

Man beginnt mit einer Kapsel morgens mit 5 mg. Zeigt sich keine Wirkung, steigert man die Dosis wöchentlich um 5 mg bis 40 mg je Einzeldosis bis es passt. Wichtig: Vor der Einnahme muss eine ausreichende Mahlzeit im Magen sein. Der Wirkstoff wird in zwei gleich hohen Dosen freigesetzt. Die Wirkdauer sollte bei sechs bis acht Stunden liegen.

 

Bei Erwachsen wird oft eine zweite Einnahme am Nachmittag empfohlen. Das ist erst dann sinnvoll, wenn die Dosis am Vormittag passt; bis dahin erschwert eine zweite Einnahme die Beurteilung der morgendlichen Dosis.

 

Treten Nebenwirkungen auf, ist eine Mahlzeit vor der Einnahme nicht möglich oder ist auch bei 40 mg keine Wirkung feststellbar, wird das Medikament gewechselt.

 

 

Zweitens: Ritalin LA/adult

 

Die Zusatzstoffe sind ähnlich, der wesentliche Unterschied liegt in der Retardierung. Anstatt mit Lack (wie bei Medikinet retard) sind die retardierten Pellets mit einem Polymer beschichtet, man kann das Medikament auch ohne eine vorausgegangene ausreichende Mahlzeit einnehmen. Hier stehen keine 5 mg-Kapseln zur Verfügung, die Dosis wird also in 10-mg-Schritten wöchentlich erhöht bis 40 mg. Der Wirkstoff wird in zwei gleich hohen Dosen freigesetzt, die Wirkung sollte acht Stunden lang anhalten.

 

Treten Nebenwirkungen auf oder ist auch bei 40 mg keine (wenn auch geringe) Wirkung feststellbar, wird das Medikament gewechselt. Bei Erwachsenen wird hier meistens nicht nur das Medikament, sondern auch der Wirkstoff gewechselt.

 

 

Drittens: Equasym retard

 

Auch hier wird – bei ähnlichen Zusatzstoffen – die Dosis beginnend mit 10 mg wöchentlich um 10 mg erhöht bis 50 mg. Anders als bei den 50:50 freisetzenden MPH-Medikamenten erfolgt hier eine initiale Freisetzung von 30 % des Wirkstoffes. Die weiteren 70 % werden mittels semipermeabler Membranen sukzessive freigesetzt. Equasym retard schleicht zum Ende hin leicht aus.

 

Entgegen den Angaben im Beipackzettel, das Medikament nüchtern einzunehmen, empfiehlt es sich, vor der Einnahme eine Mahlzeit zu sich zu nehmen. Nach den Erfahrungen aus der Selbsthilfe kann das eine zu kurze Wirkdauer verlängern. Die Wirkung sollte mindestens acht Stunden lang anhalten, gerne auch länger.

 

Treten Nebenwirkungen auf oder ist auch bei 50 mg keine (wenn auch geringe) Wirkung feststellbar, wird das Medikament gewechselt. Oft wird hier schon aufgegeben. Das ist aber nicht gut, denn diese drei retardierten Medikamente sind sich sehr ähnlich. Manchmal liegt die Nichtwirkung an einem der gleichen Zusatzstoffe, gerne mal bei der Maisstärke.

 

 

Viertens: Kinecteen

 

Kinecteen hat eine völlig andere Freisetzung (langsam erodierende Matrix), der Wirkstoff wird sukzessive abgegeben und schleicht zum Abend hin aus. Es sollte zwölf Stunden lang wirken. Kinecteen wird bei wöchentlicher Steigerung beginnend bei 18 mg um jeweils 9 mg erhöht bis 54 mg.

 

Treten Nebenwirkungen auf oder ist auch bei 54 mg keine Wirkung feststellbar, wird das Medikament gewechselt.

 

 

Fünftens: Concerta

 

Bei Concerta wird der Wirkstoff über ein orales osmotisches System (OROS) freigesetzt. Der Wirkstoff wird sukzessive abgegeben und schleicht zum Abend hin aus und sollte zwölf Stunden lang wirken. Concerta wird bei wöchentlicher Steigerung beginnend bei 18 mg um jeweils 9 mg erhöht bis 54 mg.

 

Treten Nebenwirkungen auf oder ist auch bei 54 mg keine Wirkung feststellbar, wird das Medikament gewechselt.

 

 

Sechstens: Methylphenidathydrochlorid Neuraxpharm

 

Von den Zusatzstoffen her ist MPH Neuraxpharm ähnlich wie Medikinet retard / Ritalin LA / Equasym retard. Die Freisetzung erfolgt durch zu Tabletten verpressten Pellets. Der Wirkstoff wird sukzessive abgegeben und schleicht zum Abend hin aus. Es sollte zwölf Stunden lang wirken. MPH Neuraxpharm wird bei wöchentlicher Steigerung beginnend bei 18 mg um jeweils 9 mg erhöht bis 54 mg.

 

Treten Nebenwirkungen auf oder ist auch bei 54 mg keine Wirkung feststellbar, war es das mit den retardierten MPH-Medikamenten.

 

 

Siebtens: sofort freisetzendes MPH

 

Die nicht retardierten MPH-Medikamente unterscheiden sich in den Zusatzstoffen. Ritalin wird mit Weizenstärke gebunden, Equasym mit Kartoffelstärke. Medikinet und sämtliche Generika werden mit Maisstärke gebunden. Nicht retardiertes MPH wirkt bis zu vier Stunden lang. Man beginnt mit 2,5 mg oder 5 mg und steigert die Dosis wöchentlich in 5-mg-Schritten bis 20 mg.

 

 

Wenn keines dieser MPH-Medikamente eine Wirkung zeigt, spricht man von einem MPH-Non-Responder. Jetzt muss der Wirkstoff gewechselt werden. Es stehen noch Dexamphetamin, Guanfacin und Atomoxetin zur Verfügung, bei Erwachsenen auch Bupropion.